Kennzahlen und Sollwerte

Erfahrungsgemäß stellt das Finden der "Richtigen" d.h. aussagekräftigen Kennzahlen bei der Entwicklung der Balanced Scorecard mit die größte Herausforderung dar. Wenn Sie jedoch die strategischen Ziele und ihre Ursache-Wirkungsbeziehungen bereits definiert haben, ergeben sich die passenden Kennzahlen (fast) von selbst.

Die Entwicklung der Kennzahlen erfolgt dabei in vier Schritten:

  1. Vorschläge für Kennzahlen erarbeiten, um das Ziel bzw. den Grad der Zielerreichung zu messen: Das ist der schwierigste Teil.

  2. Erhebungsmöglichkeiten und mögliche Datenquellen zusammenstellen

  3. Kennzahlen auswählen, siehe nachfolgende Bewertungsmatrix: mindestens eine Kennzahl je Ziel, bei Kombinationen möglichst nicht mehr als 2-3 Kennzahlen je Ziel. Ideal ist es, wenn es für jedes Ziel einen Frühindikator  und einen Spätindikator gibt

  4. Implementierung sicherstellen: Wer ist zuständig für die Erhebung der Daten, wann erfolgt diese?

  5. Problematisch ist dabei eigentlich nur der erste Schritt, aber dieses Problem läßt sich meist ganz pragmatisch lösen, indem man die Kennzahlen anhand einer der folgenden Methoden definiert:

A) Ausgewählte Klassische Kennzahlen

Vor allem in der Finanzperspektive ist es üblich, bereits vorhandene Kennzahlen auch für die Darstellung in der Balanced Scorecard zu verwenden. Typische branchenunabhängige Kennzahlen sind hier z.B. Unternehmenswert, Eigenkapitalrendite, EBIT, etc. Dabei darf man die BSC jedoch nicht überfrachten oder durch zu viele Kennzahlen in einen "Kennzahl-Friedhof" verwandeln. Konzentrieren Sie sich auf die wenigen Finanz-Kennzahlen, welche die stärkste Aussagekraft und Signalwirkung für die Umsetzung der Strategie besitzen.

B) Kennzahlen bei Veränderungsprozessen

Kennzahlen und Maßnahmen

Kennzahlen bei Veränderungsprozessen messen,

  • Wie weit die Massnahmen umgesetzt sind,
  • Wie weit die Diskrepanz zwischen Soll und Ist abgebaut ist (Gap to close),
  • Wieviel von der Soll-Situation erreicht ist

C) Kennzahlen an den Schnittstellen der Wirkungsbeziehungen

Kennzahlen an Schnittstellen der Wirkungsbeziehungen

An den Schnittstellen zwischen Zielen, die in einem Ursache-Wirkungszusammenhang stehen, können Kennzahlen definiert werden, um die Qualität oder Intensität der Wirkung zu messen.

Die Schnittstellen-Kennzahlen können aus der Beantwortung folgender Fragen abgeleitet werden:

  • Inwieweit trägt die Erreichung des Ursache-Ziels zur Verwirklichung des Wirkungs-Ziels bei? Hier muss man dann den Beitrag definieren und messen.
  • Falls das mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln nicht gemessen werden kann, müssen Sie sich fragen: Was wollen wir wissen, um diese Auswirkung zu messen? Hieraus leiten sich dann weitere Massnahmen ab, deren Umsetzung man messen kann.

In der Regel sind Kennzahlen an der Schnittstelle der Wirkungsbeziehungen am aussagekräftigsten für die BSC. Vor allem Frühindikatoren sind in der Regel solche Schnittstellen-Kennzahlen!

Frühindikatoren zeigen Entwicklungstrends und kritische Tendenzen rechtzeitig an und dienen so als Frühwarnsystem. Frühindikatoren können zeitlicher oder kausaler Natur sein: So ist z.B. der Auftragseingang ein zeitlicher Frühindikator für den zu erwartenden Umsatz, während die Anzahl der angesprochenen Neukunden ein kausaler Frühindikator für den möglichen Auftragseingang ist.

Nicht alle Kennzahlen sind gleichermaßen gut geeignet für eine Balanced Scorecard. Die nachfolgende Bewertungsmatrix soll Ihnen dabei helfen, die Tauglichkeit einer Kennzahl zu beurteilen:

Inhaltliche und methodische Eignung
Kann an der Kennzahl die Erreichung des angestrebten Ziels abgelesen werden?
Wird durch die Kennzahl das Verhalten der Mitarbeiter in der gewünschten Weise positiv beeinflusst?
Ist eine eindeutige Interpretation der Kennzahl möglich?
Praktische Eignung
Kann die Kennzahl mit vertretbarem Aufwand erhoben werden?

Wenn Sie alle Fragen mit "Ja" beantworten können, ist die Kennzahl für die BSC geeignet und sollte im Kennzahldefinitionsblatt dokumentiert werden.

Sollwerte können Sie entweder strikt von der Führungsebene vorgeben, oder gemeinsam mit den Verantwortlichen aus den betreffenden Organisationseinheiten erarbeiten. Von oben vorgegebene Sollwerten sind zwar rascher definiert, müssen aber intensiver kommuniziert und nachkontrolliert werden. Gemeinsam erarbeitete Ziele erfordern zu Beginn einen höheren Zeitaufwand, werden aber in der Umsetzungsphase häufig effektiver von allen Beteiligten vorangetrieben.

Sollwerte lassen sich am Einfachsten bilden, indem man Benchmarks, Ergebnisse aus Kunden- und Mitarbeiterbefragungen und Vergangenheitsdaten verwendet.

Sollwerte sollten Sie zeitnah im Nachgang erarbeiten, nachdem alle Ziele und Kennzahlen definiert sind.

Materialien zum Download:

Arbeitsblatt für Strategische Ziele in der Bsc